Dezember 2015 – Frühling zum Jahresausklang

Die milde Witterung des Novembers setzte sich bis zum Jahresende fort und sorgte für Frühlingsgefühle – mit Vogelgesang und blühenden Kirschbäumen. Zahlreiche Arten harrten im Berichtsgebiet aus, Wintergäste waren hingegen erwartungsgemäß selten.

Späte Gäste…

Im Dezember wurden mehrere Rothalstaucher gemeldet, u. a. hielt sich ein Ind. ab 23.12. auf der Außenalster/HH auf. Ein Weißstorch, der am 07.12. in Lokstedt/HH auftauchte, stammte wahrscheinlich aus Hagenbecks Tierpark, wird also gut über den ganzen Winter kommen. Noch am 29.12. wurde ein Rotmilan in Hetlingen/PI beobachtet. Ebenfalls ungewöhnlich für die Jahreszeit waren bis zu 4 Zwergmöwen am 08.12. auf der Elbe vor Teufelsbrück/HH, ebenso gab es bis zum 19.12. Sichtungen von Heringsmöwen. Auch viele Singvogelarten, die den Winter eigentlich weiter im Süden verbringen, waren noch zahlreich anzutreffen: Bis zu 15 Rohrammern (18.12. Fährmannssander Elbwatt/PI), 25 Bachstelzen (21.12. Winsener Marsch/WL) und 22 Wiesenpieper (30.12. Nienwohlder Moor/OD) wurden gemeldet. Am ersten Weihnachtstag hopste ein Zilpzalp in Grünendeich/STD durch die Büsche und die vorerst letzten Feldlerchen (2 Ind.) wurden am 27.12. in der Oberalsterniederung/SE gesehen. Ungewöhnlich waren auch viele Singdrossel-Beobachtungen (letztmalig am 30.12. im Nienwohlder Moor/OD), von denen einige ihrem Namen alle Ehre machten. Meldungen von zwei Schwarzkehlchen am 24.12. im Hetlinger Neuer Koog/PI, # Hausrotschwänzen am 28.12. in Bahrenfeld/HH und mehreren Mönchsgrasmücken lassen vermuten, dass diese Arten wieder in geringer Zahl im Hamburger Raum überwintern.

… frühe Brut?

Interessant ist die Meldung von 7 Mandarinenten am 15.12. in Lurup/HH: Entwickelt sich hier ein zweiter Schwerpunkt, neben dem Vorkommen im Jenischpark? Wie schon im November wurde erneut eine Schleiereule bei Hetlingen/PI beobachtet. Hier wäre es spannend herauszufinden, ob es dort ein aktuelles Brutvorkommen dieser selten gewordene Art gibt. Für die Eulen hat die Balzsaison schon längst wieder begonnen, besonders Waldohreulen tauchen sogar in dicht bebauten Bereichen im Stadtgebiet auf, z. B. wurden balzende Ind. in der Nähe der Alster und in Winterhude/HH gehört. Sehr ungewöhnlich ist allerdings ein rufender Waldkauz am 22.12. am Rondeelteich/HH, da diese Art größere Waldgebiete bevorzugt und das nächste Vorkommen auf dem Ohlsdorfer Friehdhof recht weit entfernt liegt.

Rastvögel bestimmen das Bild

In Ermangelung von Kaltluft-Einbrüchen gab es nur wenig Bewegung zwischen verschiedenen Rastgebieten: U. a. zogen am 20.12. 35 Kraniche über Georgswerder/HH nach Nordosten. Am 30.12. waren in der Wedeler Marsch/PI dann 29 Zwergschwäne nach Süden unterwegs, während es dort am gleichen Tag 151 Saatgänse und 1.350 Blässgänse gen Osten zog. Witterungsbedingt fand somit kein nennenswerten Zu- oder Abzug bei den großen Wasservogel-Ansammlungen entlang der Elbe und Alster statt. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Rastbestände von Singschwänen (max. 41 Ind. am 19.12. Kayhuder Moor/SE) und Weißwangengänsen (max. 11.000 Ind. am 27.12. Wedeler Marsch/PI) nur geringfügig an, während bei vielen Arten die Höchstzahlen leicht zurückgingen. So konnten bis zu 2.046 Brandgänse (01.12. Mühlenberger Loch/HH), 560 Pfeifenten (02.12. Drennhausen/WL), 1.100 Krickenten (01.12. Hahnöfersand/STD, 1.184 Stockenten (18.12. Haseldorfer Marsch/PI) sowie 12 Löffelenten (15.12. Hetlinger Schanzteich/PI) gezählt werden.

Am Silberreiher-Schlafplatz am Hetlinger Schanzteich/PI setzte sich mit max. 79 Ind. am 13.12. die abnehmende Tendenz seit Oktober fort. Das klassische Überwinterungsgebiet der Rohrdommel am Öjendorfer See/HH war mit 2 Ind. am 04.12. besetzt. Typischerweise rasteten dort auch bis zu 800 Blässhühner am 05.12. Die milde Witterung sorgte für relativ hohe Limikolen-Rastbestände in den Elbmarschen: Max. wurden 40 Goldregenpfeifer (13.12. Neuendeich/PI), 800 Kiebitze (04.12. Wedeler Marsch/PI), 28 Große Brachvögel (13.12. Altengamme Vorland/HH), 2 Zwergschnepfen (18.12. Wedeler Marsch/PI) und 50 Bekassinen (14.12. Fährmannssander Elbwatt/PI) gemeldet. Weniger witterungsabhängig waren bis zu 7 Waldwasserläufer (16.12. Stenzenteich/OD) und 300 Alpenstrandläufer (20.12. Lühe/STD), die solange bleiben, wie ihre jeweilige Nahrung im See- oder Wattboden erreichbar ist.

Immerhin ein wenig Zuzug aus dem Osten war bei den Möwen-Beständen im Hafengebiet zu registrieren: Maximal wurden zwei Mittelmeermöwen (12.12. Fischereihafen-Altona/HH), 22 Steppenmöwen (13.12. St.Pauli-Fischmarkt/HH) sowie 470 Silbermöwen (20.12. Fischereihafen-Altona/HH) gezählt. Während die Winterreviere vom Raubwürger mit bis zu 2 Ind. (20.12. Butterbargsmoor/PI) gut besetzt waren, blieben viele Wasseramsel-Stellen verwaist. Umso interessanter waren regelmäßige Meldungen von der Wulfsmühle/PI bis zum 28.12. Viele Beeren- und Körnerfresser blieben unauffällig, da sie vermutlich noch genügend Nahrung im südlichen Skandinavien fanden. Außergewöhnlich, sowohl was die Anzahl aber auch den Ort angeht, waren allerdings 30 Girlitze am 03.12. im Stadtpark/HH.

Das Highlight jeden Weihnachtsmarkt-Besuches am Hamburger Rathaus/HH war der Einflug von bis zu 44 Berghänflingen am 26.12. an ihrem Schlafplatz in der Fassade. Zwar deutlich zahlreicher, aber nicht weniger interessant sind Ansammlungen von Elstern im Stadtgebiet, u. a. wurden 85 Ind. am 04.12. an einem Schlafplatz in St. Pauli/HH gezählt. Da die Zeit der riesigen Krähen-Schlafgemeinschaften vorbei ist, sind max. 3.000 Saatkrähen am 29.12. in Halstenbek/PI bzw. 2.500 Rabenkrähen am 20.12. auf der Peute/HH schon erwähnenswert. Durch die milde Witterung blieben bis 250 Stare am 05.12. im Duvenstedter Brook/HH, um dort zu nächtigen.

Kein Winter heißt wenig „Spektakuläres“

Da keine Kälteflucht stattfand, wurden nur wenige seltenere „Wintergäste“ entdeckt. Auch vereinzelte Meldungen von Seidenschwanz (z. B. 2 Ind. am 04.12. in Blankenese/HH) und Schneeammer (ab 05.12. in der Wedeler Marsch/PI) ließen kein richtiges Wintergefühl aufkommen. Es folgten kleine Überraschungen mit einer Bergente am 10.12. an der Pinnaumündung/PI und einem Sterntaucher am 13. und 19.12. auf der Elbe bei Geesthacht/WL. Noch überraschender, nicht nur was den Ort angeht, waren gleich zwei (leider unbestimmte) Seetaucher am 17.12., die von der Außenalster/HH Richtung Stadt flogen – fast alle Meldungen bei uns betreffen einzelne Ind. Sichtlich wohl bei den Temperaturen fühlte sich ein entflogener Zebrafink am 20.12. in Schnelsen/HH. Interessant ist, dass sich, wie schon im November angedeutet, der Einflug von Trompeter-Gimpeln mit bis zu 3 Ind. am 26.12. in Twielenfleth/STD fortsetzte. Zwei mit anderen Gänsen nach Osten ziehende Kurzschnabelgänse am 30.12. in der Wedeler Marsch/PI, waren die Belohnung für genaues Hinschauen.

Ebenfalls in der Wedeler Marsch/PI bzw. auf der Elbe davor tauchte am 07.12. die einzige echte Seltenheit des Dezembers auf: Ein Thorshühnchen! Dieser 6. Nachweis für das Berichtsgebiet (bei Anerkennung durch die Avifaunistische Kommission Schleswig-Holstein u. Hamburg) verdient somit zweifellos das Prädikat „Vogel des Monats“.

Guido Teenck