September 2016 – Sommer im avifaunistischen Herbst

Der September 2016 war einer der wärmsten und trockensten der letzten Jahrzehnte. Dies bedeutete für die Vogelwelt gute (Spät-)Brut-, Zug- und Rastbedingungen.

Der Ab- und Wegzug nimmt Fahrt auf

Im September verlassen viele Sommergäste und Langstreckenzieher unter den Vogelarten das Berichtsgebiet. Vorläufig letzte Meldungen gab es am 03.09. vom Regenbrachvogel (1 Ind. Wedeler Marsch/PI), am 04.09. vom Kuckuck (1 Ind. tot  gefunden am Travehafen/HH) und am 05.09. von der Uferschnepfe (1 Ind. Pinnaumündung/PI). Eine Wetterverschlechterung sorgte am Morgen des 11.09. für viele rastende Kleinvögel, die sonst als Nachtzieher unbemerkt über Hamburg hinwegfliegen: In Ottensen/HH wurden je ein Waldlaubsänger (sehr spätes Datum!) und Gelbspötter, sowie 2 Gartengrasmücken und 3 Trauerschnäpper beobachtet. An gleichen Tag rasteten auch die letzten Flussregenpfeifer in Krümse/WL. Am 12.09. wurde der letzte Neuntöter in der Oberalsterniederung/SE gesehen und am 14.09. folgten die Letztbeobachtungen von Mauersegler (Bramfeld/HH) und Gartenrotschwanz (Wedeler Marsch/PI). Gleich drei Schilfrohrsänger konnten am 16.09. an der Pinnaumündung/PI abziehend beobachtet werden, während am 17.09. die letzten Meldungen vom Fitis (1 Ind. Südwesthafen/HH, 2 Ind. Schnelsen/HH) eingingen. Letztmalig beobachtet wurden ein Grauschnäpper am 19.09. (Rübker Moor/WL), ein Dunkler Wasserläufer am 21.09. (Wedeler Marsch/PI), ein Feldschwirl am 21.09. (Oberalsterniederung/SE – interessanterweise ein singender Jungvogel!), ein Baumfalke am 23.09. (Duvenstedter Brook/HH), ein Grünschenkel am 23.09. (Hetlinger Schanzteich/PI), eine Uferschwalbe am 24.09. (Wedeler Marsch/PI), ein Braunkehlchen am 25.09. (Nienwohlder Moor/OD), zwei Teichrohrsänger am 26.09. (Krümse/WL), ein Bruchwasserläufer (Hetlinger Schanzsand/PI) und zwei Mehlschwalben am 27.09. (Moorgürtel/HH) sowie ein sehr spät durchziehender Wespenbussard ebenfalls am 27.09. (Wohldorf/HH).

Sehr spannend war wie schon im August das Zuggeschehen über der Stadt. Am 06.09. zogen zwei frühe Gänsesäger über die Kollauniederung/HH nach Westen. Auffällig war besonders der Greifvogelzug, v.a. am 17.09. mit 13 Wespenbussarden und 22 Sperbern über Schnelsen/HH sowie einer Kornweihe über Bramfeld/HH. Die als Brutvogel im Berichtsgebiet mehr oder weniger ausgestorbene Wiesenweihe legte am 08. und 12.09. in der Oberalsterniederung/SE sowie am 14.09. im Himmelmoor/PI einen Zwischenstopp ein. Ein später Schwarzmilan zog am 25.09. über den Duvenstedter Brook/HH. Recht früh setzte bereits der Kranichzug ein, maximal wurden 112 Ind. am 16.09. über Veddel /HH und 155 Ind. am 19.09. über der Reit/HH auf ihrem Weg nach SW beobachtet. Außergewöhnlich war die Beobachtung einer durchziehenden Flussseeschwalbe am 11.09. über Othmarschen/HH – eine der wenigen Meldungen dieser Art überhaupt im September.

Die Rastvögel läuten das Winterhalbjahr ein

An der steigenden Zahl der Entenvögel zeigte sich trotz sommerlicher Temperaturen, dass der Herbst kommt. In der Wedeler Marsch/PI wurden am 24.09. bereits 1.400 Weißwangengänse gezählt. Noch höher lagen die Höchstzahlen der Graugänse mit bis zu 2.631 Ind. am 17.08. im Fährmannssander Watt/PI. Deutliche Zunahmen gab es auch bei Pfeifente (max. 420 Ind. am 28.09. Drennhausen/WL) und Krickente (zusammen 14.700 Ind. am 26.09. Hahnöfersand/STD und Mühlenberger Loch/HH). Während die Maximalzahl der Löffelente mit 231 Ind. am 03.09. im Mühlenberger Loch/HH wieder eher niedrig lag. Die einzige Meeresenten-Meldung des Monats kam aus dem Hansahafen/HH, wo am 03.09. zwei Trauerenten schwammen. Einen deutlichen Zuzug gab es auch am Silberreiher-Schlafplatz am Hetlinger Schanzteich/PI mit max. 110 Ind. am 23.09.

Wie schon im Vormonat rasteten wieder sehr viele Limikolen an der Unterelbe in der Wedeler, Haseldorfer und Seestermüher Marsch/PI. Folgende Maximalzahlen wurden im Laufe des Septembers gemeldet: 20 Kiebitzregenpfeifer (25.09.), 350 Goldregenpfeifer (30.09.), 1.400 Kiebitze (10.09.), 97 Sandregenpfeifer (17.08.), 12 Pfuhlschnepfen (12.09.), 167 Bekassinen (17.09.), 22 Flussuferläufer (08.09.), 80 Kampfläufer (10.09.), 20 Knutts (17.09.), 12 Sanderlinge (19. und 28.09.), 30 Zwergstrandläufer (17.09.), 123 Sichelstrandläufer (30.08.), 700 Alpenstrandläufer (20.09.). Weniger auffällig, aber nicht minder interessant war das Rastgeschehen bei den Singvögeln. Zum Beispiel rasteten am 20.09. 65 Zilpzalpe am See an den Funktürmen/PI. Bei den abendlichen Einflügen am Staren-Schlafplatz im Heuckenlock/HH konnten bis zu 21.300 Ind. am 21.09. „gezählt“ werden. Große Ansammlungen von Misteldrosseln sind eher selten im Berichtsgebiet zu beobachten, wenn dann am ehesten im Duvenstedter Brook/HH, wie am 27.08. mit 54 Ind. Nicht nur Silberreiher haben den Hetlinger Schanzteich/PI als Schlafplatz gewählt, auch bis zu 120 Bachstelzen (23.09.) nutzen die Ruhe dort zum Übernachten. Mitte Septembertrafen dann auch die ersten „Wintergäste“ im Hamburger Raum ein. Am 18.09. wurden erstmalig Zwergschnepfe (Wandse-Stauteich/HH), Rotdrossel (Rethfurt: Alster/OD) und Bergfink (Rahlstedt/HH) beobachtet. Am nächsten Tag besuchte der erste Merlin die Reit/HH, wie immer dicht auf den Fersen seiner Beute, den nach Süden ziehenden Singvögeln.

Seltenere Gäste sorgen für Abwechslung

Eine Kolbenente schwamm am 30.08. und 03.09. auf der Kleientnahmestelle Krümse/WL, gleich 5 Ind. dieser Art wurden am 08.09. in der Haseldorfer Marsch/PI gesichtet. Sehr überraschend war die Beobachtung einer nach Westen ziehenden Raubmöwe am 11.09. über Ottensen/HH, die sehr wahrscheinlich eine Falkenraubmöwe war, aber leider aufgrund der Beobachtungsumstände nicht definitv bestimmt werden konnte. Selten tauchen zu dieser Jahreszeit Schwarzkopfmöwen an der Elbe auf, lediglich ein Ind. zog am 18.09. vor Wittenbergen/HH elbaufwärts. Wie schon im vergangenen Jahr wurde ein Brachpieper (28.08.) im Himmelmoor/PI beobachtet, vielleicht entsteht hier eine neue Rastplatztradition!? Ein ebenfalls seltener Gast, aber typisch für die Zeit und den Ort, war ein Strandpieper am 22.-28.09. in der Wedeler Marsch/PI. Erneut wurde von dort auch eine Gelbkopf-Schafstelze (11.09.) gemeldet – wie schon bei der August-Beobachtung bleibt allerdings eine Restunsicherheit bei der Bestimmung von weibchenfarbenen Vögeln.

Der Monat der frühen Seltenheiten

Wie im übrigen Mitteleuropa erscheinen im Spätsommer fast schon regelmäßig Rotfußfalken im Hamburger Raum. Die erste Beobachtung eines diesjährigen Vogels gelang am 31.08. im Himmelmoor/PI, am 03.09. folgte ein ebenfalls diesjähriges Ind. nördlich des Duvenstedter Brooks in Langereihe/OD. Und am 05.09. zog erneut ein diesjähriger Vogel über Ottensen/HH nach Süden. Dies ist bereits die dritte Beobachtung (nach 2014 und 2015) an diesem Ort - alle stammen aus der ersten Septemberwoche. Anfang September ist auch eine typische Zeit für Raubseeschwalben, gleich zwei Ind. konnten am 05.09. im Mühlenberger Loch/HH beobachtet werden. Deutlich seltener ist der Sumpfläufer im Berichtsgebiet, ein Vogel, der vom 07.-11.09. in der Wedeler Marsch/PI rastete, war erst der ca. 21. Nachweis und erfreute somit viele Beobachter an der Carl Zeiss Vogelstation. Nach der Beobachtung eines Teichwasserläufers Ende August an der Gräberkate/OD, wurde ein weiteres Ind. am 09.09. am Hetlinger Schanzteich/PI entdeckt. Interessant ist auch die Meldung eines nach Nordosten ziehenden Schwarzschwanes am 11.09. über Georgswerder/HH – vielleicht stammte er aus der niederländischen Population. Noch exotischer waren drei Witwenpfeifgänse am 23.09. in der Haseldorfer Marsch/PI, dem „hotspot“ für entflogenes Ziergeflügel im Berichtsgebiet. Der „Vogel des Monats“ war dann ein Gelbbrauen-Laubsänger am 27.09. im Achtermoor/HH, genau in der Hauptdurchzugszeit dieser Art in Norddeutschland und (bei Anerkennung) der 12. Nachweis im Berichtsgebiet.

Guido Teenck