Dezember 2016 – der Winter lässt auf sich warten

Wie gewohnt war der letzte Monat des Jahres eher mild und nass. Ausbleibende Kälteeinbrüche sorgten für wenig Bewegung in der Avifauna. Viele Vogelarten blieben vergleichsweise lang im Hamburger Raum.

Letztbeobachtungen und Überwinterung

Die milde Witterung ermöglichte es vielen Arten lange im Berichtsgebiet auszuharren. Letzte Meldungen gab es u. a. von Singdrossel (27.12. Neuer Botanischer Garten/HH), Zilpzalp (28.12. Reitbrook/HH), Feldlerche (29.12. Hetlinger Schanzteich/PI), Bachstelze (29.12. Wilstedt/SE) und Rohrammer (29.12. Himmelmoor/PI). Außergewöhnlich spät waren die Beobachtungen eines Merlins am 27.12. in Wilhelmsburg/HH und eines Braunkehlchens am 30.12. bei Bishorst/PI. Letzteres sorgte für Diskussionen, da es sich um die späteste Meldung dieser Art überhaupt handelt. Zum Glück wurde der Vogel fotografiert und so konnte ein Sibirisches Schwarzkehlchen ausgeschlossen werden.

Wie schon in den vergangenen Wintern zeichnet sich bei einigen Arten eine Tendenz zu überwintern ab. Den ganzen Dezember über hielten sich bis zu 2 Mönchsgrasmücken in Groß Borstel/HH auf. Die Schwarzkehlchen an der Pinnaumündung/PI und im Wedeler Autal/PI hielten es bis mindestens 09.12. bzw. 29.12. aus. Schon traditionell verbringt ein Hausrotschwanz den Winter in Bahrenfeld beim Volkspark/HH, ein weiterer wurde am 30.12. aus der Osdorfer Feldmark/HH gemeldet. Und bereits am 30.12. balzte eine Hohltaube im angestammten Revier im Klövensteen/HH. Auch hier gab es in den letzten Wintern bereits Überwinterungs-Nachweise dieser Art.

Rastbestände

Wie bereits im November dominierten die Wasservögel das vogelkundliche Geschehen. Im Vergleich nahmen die Höchstzahlen von Höckerschwan (161 Ind. 23.12. Winsener Marsch/WL) und Singschwan (45 Ind. 30.12. Kayhuder Moor/OD) weiter zu. Wie in den vergangenen Wintern wurden max. 11.000 Weißwangengänse (20.12.) in der Wedeler Marsch/PI gezählt. Die Maximalzahl bei den Blässgänsen lag bei 1.500 Ind. in der Winsener Marsch/WL (14.12. u. 16.12.). Bis zu 160 Schnatterenten rasteten am 16.12. auf dem Binnenhorster Teich/OD. Die Bestände von Pfeifente (max. 731 Ind. 05.12. Bishorster Sand/PI), Krickente (3.510 Ind. 20.12. Mühlenberger Loch/HH) und Stockente (1.448 Ind. 20.12. Mühlenberger Loch/HH) gingen im Vergleich zum Vormonat deutlich zurück. Bis zu 15 Löffelenten schwammen am 22.12. auf dem Öjendorfer See/HH. Der Winterbestand der Reiherente nahm auf 350 Ind. am 20.12. Hohendeicher See/HH zu. Typische Wintergäste blieben dagegen spärlich, maximal wurden 13 Zwergsäger (17.12. Eschschallen/PI) und 45 Gänsesäger (26.12. Bredenbeker Teich/OD) gezählt. Einzelne Bergenten rasteten vom 02.-06.12. in der Winsener Marsch/WL und am 28.12. auf dem Öjendorfer See, eine Trauerente am 16.12. auf der Außenalster/HH, während am 18.12. gleich 25 Schell-enten und ein Mittelsäger auf der Borsteler Binnenelbe/PI schwammen.

Die hohe Anzahl von 50 Haubentauchern wurde am 20.12. auf dem Hohendeicher See/HH gezählt. Wir schon im letzten Winter schwamm vom 16.-18.12. ein Rothalstaucher auf der Außenalster/HH. Bis zu zwei überwinternde Rohrdommeln wurden am 28.12. vom Öjendorfer See/HH gemeldet. Alljährlich gibt es um diese Jahreszeit auch Beobachtungen einzelner Weißstörche, wie am 04.12. in Hagenbecks Tierpark/HH und am 10.12. in Wilstedt/SE, meist sind es Vögel, die in menschlicher Obhut waren und den Wegzug verpasst haben. In Ermangelung hoher Wühlmausbestände waren die Zahlen überwinternder Greifvögel niedrig, bis zu zwei Raufußbussarde konnten am 12.12. in der Winsener Marsch/WL beobachtet werden. Die meisten Limikolen-Arten haben das Berichtsgebiet verlassen, so wurden nur noch 35 Goldregenpfeifer am 03.12. in der Wedeler Marsch/PI gezählt. Einzelne Zwergschnepfen (09.12. Wedeler Marsch/PI u. 30.12. Bishorst/PI) harrten wie üblich in milden Wintern bei uns aus. Der alljährlich an der Unterelbe/PI überwinternde Trupp Alpenstrandläufer war am 09.12. bis auf 675 Ind. angewachsen. Der Winterbestand der Steppenmöwen im Hamburger Hafen nahm im Vergleich zum November ab, auf bis zu 21 Ind. (11. u. 18.12. Hamburger Fischmarkt/HH). Und eine späte Heringsmöwe konnte am 24.12. bei Eschschallen/PI bestimmt werden.

Da größere Ansammlungen der Türkentaube nach der Abnahme der Brutbestände in den letzten Jahren selten geworden sind, sollen 20 Ind. am 26.12. in Langenhorn/HH nicht unerwähnt bleiben. Überwinternde Raubwürger wurden aus den traditionellen Gebieten gemeldet, bis zu 2 Ind. waren es am 29.12. im Himmelmoor/PI. Auch kein alltäglicher Anblick mehr sind große Dohlen-Trupps, wie die 140 Ind. am 18.12. in Wakendorf II/SE. Eine Ausnahme waren auch 100 Rotdrosseln am 29.12. im Butterbargsmoor/PI. Wie üblich lag die Maximalzahl des Bergpiepers mit 14 Ind. am 29.12. am Hetlinger Schanzteich/PI niedrig. Von der guten Buchenmast im Wohldorfer Wald/HH profitierten bis zu 500 Bergfinken (03.12.). Außergewöhnliche Schlafplatzbeobachtungen gab es z. B. am Hachedesand/WL, wo bis zu 50 Große Brachvögel am 16.12. gezählt wurden - eine der wenigen Meldungen dieser Art im Dezember überhaupt! Waldohreulen besetzten wieder traditionelle Schlafplätze in Wedel/PI, Tönnhausen/WL und Estebrügge/STD. Eine Zählung am 26.12. am großen Elstern-Schlafplatz im Eppendorfer Moor/HH ergab 92 Ind. Die einzigen bekannten Schlafplätze von Grünfinken im Neuen Botanischen Garten/HH und Berghänflingen am Hamburger Rathaus/HH waren mit bis zu 400 Ind. (13.12.) bzw. 40 Ind. (12.12.) besetzt.

Pendelverkehr zwischen den Rastplätzen

Witterungsbedingte Rastplatzwechsel sorgten an machen Tagen für interessante Zugbeobachtungen, dabei waren typischerweise vor allem Gänse auffällig. Z. B. flogen am 28.12. viele Saatgänse über den Hamburger Osten: 100 Ind. über Mümmelmannsberg/HH und 110 Ind. über Ochsenwerder/HH gen Osten. Am 07.12. zog ein später Rotmilan über Wedel/PI nach Süden, während 60 Kraniche am 19.12. über Hohenfelde/HH Richtung Osten unterwegs waren. Auch Ringeltauben ließen sich immer wieder in größerer Zahl besonders über der Stadt beobachten, bis zu 347 Ind. zogen am 17.12. über Altona/HH gen Westen. Auch hier dürfte es sich um kleinräumige Verlagerungen von Rastplätzen handeln.

Seltenere Gäste

Nicht alljährlich werden Eisenten im Berichtsgebiet beobachtet, umso erfreulicher war die Entdeckung von 4 Ind. am 02.12. auf der Kleientnahme Krümse/WL. 3 Ind. dieser hübschen, leider stark im Bestand abnehmenden Meeresentenart blieben dort bis zum 18.12. Ebenfalls optisch ansprechend war eine männliche Brautente am 03.12. auf dem Trittauer Mühlenteich/OD, auch wenn sie sehr wahrscheinlich aus einer Haltung stammte. Die bislang einzige Seetaucher-Beobachtung in diesem Winterhalbjahr stammt vom Hohendeicher See/HH, wo sich vom 18.-20.12. ein Prachttaucher aufhielt. Der Seidenschwanz-Einflug setzte sich fort, zwar nahmen die Zahlen nicht mehr deutlich zu, aber nach wie vor wurden in vielen Stadtteilen zweistellige Truppgrößen erreicht. Weitere skandinavische Wasseramseln erreichten das Berichtsgebiet und besetzten z. B. Rastplätze an der Mellingburger Schleife/HH und am Borsteler Mühlenteich/OD. Vermehrt wurden auch nordöstliche Gimpel, sog. Trompetergimpel, gemeldet, bis zu 2 Ind. waren es am 28.12. in Oststeinbek/OD.

Seltenheiten

Eine Rothalsgans, die zwischen dem 04. und 21.12. in der Wedeler Marsch/PI beobachtet wurde, verriet durch einen schwer zu erkennenden Züchterring ihre Herkunft aus Gefangenschaft. Bestimmt ein Wildvogel und erst der zweite Nachweis im Berichtsgebiet war eine Hellbäuchige Ringelgans, die am 13.12. in der Winsener Marsch/WL rastete. Diese auf Spitzbergen brütende Unterart wird zwar regelmäßig an der Nordseeküste beobachtet, verfliegt sich aber nur sehr selten ins Binnenland. Interessanterweise stammt die erste Beobachtung im März 2011 ebenfalls aus der Winsener Marsch. Nach den weihnachtlichen Weststürmen konnte am 30.12. eine diesjährige Eismöwe auf der Elbe vor Finkenwerder/HH beobachtet werden. Diese Beobachtung passt gut zu vermehrten Meldungen arktischer Möwenarten an der Nordseeküste. Absolut unerwartet - und damit Vogel des Monats - war allerdings ein Großer Sturmtaucher, der am 18.12. auf der Elbe am Hamburger Fischmarkt/HH schwamm. Leider blieb das Glück dieses (bei Anerkennung) zweiten Nachweises nur dem Entdecker vorbehalten. Erstaunlich ist - neben der nicht vorangehenden Westwindlage - die Jahreszeit, da Große Sturmtaucher im Winterhalbjahr auf der Südhalbkugel brüten. Wie aber schon der Erstnachweis im Berichtsgebiet im Februar 1964 (2 Ind.) und weitere deutsche Nachweise zeigen, ist dieses Auftretensmuster nicht ungewöhnlich.

Guido Teenck