Juni/Juli 2017 – ein durchwachsener Sommer

Brutzeit

Dieser Sommer war witterungsmäßig sicher nicht optimal für die Brutvogelwelt, dennoch gab es eine Reihe interessanter Meldungen.

Auf einem Golfplatz bei Dassendorf/RZ konnte am 08.06. ein Mandarinenten-Weibchen mit 11 pulli beobachtet werden. Brutnachweise der Schellente gab es am Haus der Natur/OD und Hoisdorfer Teich/OD. Leider war von den ursprünglich 10 jungen Gänsesägern an der Bille/OD am 04.07. nur noch ein einziges übrig. Ebenfalls nur einen Jungvogel führte ein Zwergtaucher am 09.07. im Himmelmoor/PI. Die Anwesenheit von bis zu zwei Schwarzhalstauchern bis zum 23.07. am Öjendorfer See/HH, lässt zumindest auf ein besetztes Revier schließen. Vermutlich fehlt für eine Brut eine Seeschwalben- oder Lachmöwenkolonie als Prädatorenschutz. Die Kormoran-Kolonie am Steller See/WL war am 10.06. auf 21 Nester angewachsen. Am Stenzerteich/OD wurden am 02.06. 8 besetzte Graureiher-Horste gezählt, in Borstel-Hohenraden/PI waren es sogar 52 Bruten. Im Juli nahm die Zahl der Wachtelkönig-Meldungen deutlich zu, z. B. wurden bis zu jeweils 3 Rufer im Wittmoor/OD (17.07.) und auf dem Twielenflether Sand/PI (18.07.) gehört. Begünstigt von hohen Wasserständen durch die teils ergiebigen Niederschläge, wurden auch Tüpfelsumpfhühner vermehrt festgestellt: U.a. bis zu 2 Ind. in Billwerder/HH (19.06.) und in der Oberalsterniederung/SE (15.07.). Ein seltener Brutnachweis dieser Art gelang am 26.07. in der Wedeler Marsch/PI, wo ein Jungvogel zusammen mit einem Altvogel beobachtet wurde.

Bei den „Sorgenkindern“ unter den Brutvögeln - den Limikolen - gab es erfreuliche 5 Säbelschnäbler-Brutpaare an der KeSt Krümse/WL. Die Kiebitz-Bruten auf dem Flachdach im Othmarschenpark/HH wurden wieder in einer aufwändigen Aktion gerettet – die Standorttreue dieser Art macht es allen Beteiligten schwer. Sehr selten gelingt ein Brutnachweis der Bekassine, wie am 20.06. in der Winsener Marsch/WL. Leider kurz vor dem Aussterben steht die Trauerseeschwalbe in Hamburg: Lediglich ein Paar mit Bruterfolg  konnte 2017 in den Kirchwerder Wiesen/HH beobachtet werden. Immerhin gab es mal wieder eine erfolgreiche Schleiereulen-Brut in Kirchwerder/HH, mit 4 Jungvögeln am 25.06. Mindestens drei Ziegenmelker-Reviere waren es dieses Jahr in der Fischbeker Heide/HH. Späte Meldungen von Wendehälsen aus der Winsener Marsch/WL und dem Moorgürtel/HH (beide am 02.06.) deuten auf besetzte Reviere hin – Bruten bleiben aber fraglich. Das gleiche gilt für den selten gewordenen Pirol, mit 3 singenden Männchen am 12.06. in Altengamme/HH und 2 Ind. am 24.07. im Klövensteen/HH. Ein gutes Brutjahr mit vielen erfolgreichen Paaren zeichnet sich beim Neuntöter besonders im westlichen Teil des Berichtsgebiets ab, z. B. in der Pinnauniederung/PI. Eine Beutelmeise mit 2 Jungvögeln wurde am 11.06. an den Drager Fischteichen/WL war evtl. ein weiteres Brutpaar in der Winsener Marsch. Gleich 6 junge Bartmeisen tummelten sich dort am 05.06. an der KeSt Krümse/WL. Erstaunliche drei Schlagschwirle sangen am selben Tag in Neuland/HH, wobei es sich noch um Durchzügler handeln könnte. Das Braunkehlchen ist mittlerweile so selten, dass fast jeder Bruthin- oder -nachweis erwähnenswert ist: Es gab sie in Altengamme/HH, der Wedeler Marsch/PI, der Winsener Marsch/WL und der Oberalsterniederung/SE. Dagegen sind Sprosser natürlicherweise selten bei uns, da Hamburg am Westrand ihres Verbreitungsgebietes liegt. Ein Revier konnte am 05.06. am Hoisdorfer Teich/OD bestätigt werden. Ein weiterer Sänger am 15.06. im Höltigbaum/HH ist aber wohl weiter gezogen.

Rastgeschehen

Während und nach der Mauser suchen Gänse ihre „Sommer“-Rastgebiete auf, bis zu 1.000 Kanadagänse waren es am 14.07. im Kleinen Brook/HH und 1.250 Graugänse am 11.07. auf dem Binnenhorster Teich/OD. Bis zu 63 Nilgänse sammelten sich am 19.07. auf dem Hetlinger Schanzteich/PI. Immerhin noch 18 Weißwangengänse harrten am 01.06. in der Wedeler Marsch/PI aus und werden sicherlich nicht mehr in arktische Brutgebiete gezogen sein. Vor allem aus Männchen bestehende Ansammlungen fallen bei Schwimmenten im Hochsommer auf, max. wurden 395 Schnatterenten (21.06. Mühlenberger Loch/HH) und 1.080 Stockenten (17.07. Bishorster Sand/PI) gezählt. Interessant ist eine diesjährige Spießente am 22.07. an der KeSt Krümse/WL, die vielleicht nicht weit entfernt erbrütet wurde. Auch 15 Gänsesäger, die am 19.06. auf der Elbe vor Fährmannssand/PI schwammen, stammen sicherlich von nahegelegenen Brutplätzen in Schleswig-Holstein. Wie schon im Mai wurden einzelne (übersommernde?) Kornweihen am 02.06. (Winsener Marsch/WL) und 17.06. (Mittlerer Landweg/HH) gesehen.

Im Juni „kreuzen“ sich die Zugwege der Watvögel: Während sich 3 Sanderlinge am 05.06. (Wedeler Marsch/PI) wohl noch auf dem Heimzug befanden, war ein Kiebitzregenpfeifer am 23.06. (Bishorster Sand/PI) eher schon auf dem Wegzug. Auf jeden Fall ist für viele Watvögel die Brutzeit im Juli bereits vorbei, daher nahmen deren Rastbestände deutlich zu. Maximal wurden 50 Austernfischer (16.07. Mühlenberger Loch/HH), 470 Kiebitze (24.07. Bishorster Sand/PI), 16 Sandregenpfeifer (17.07. Fährmannssander Watt/PI), 9 Dunkle Wasserläufer (14.06. Wedeler Marsch/PI), 7 Grünschenkel (09.07. Himmelmoor/PI), 13 Bruchwasserläufer (09.07. Oberalsterniederung/SE) und 12 Kampfläufer (15.07. Wedeler Marsch/PI) gemeldet. Ungewöhnlich für die Jahreszeit waren 89 Alpenstrandläufer am 26.07. in der Wedeler Marsch/PI, die vermutlich durch Starkregen zur Zwischenlandung gezwungen wurden. Am gleichen Tag wurde dort auch ein beringter Zwergstrandläufer entdeckt, da er „nur“ einen Metall- und keine Farbringe trug, blieb seine Herkunft aber im Dunkeln.

Im Laufe des Juli fand traditionsgemäß der Zuzug von Zwerg- und Lachmöwen aus dem Ostseraum an die Elbe statt, mit max. 13 Ind. (09.07.) bzw. 5.170 Ind. (16.07.) im Mühlenberger Loch/HH. Schwarzkopfmöwen, die vermutlich aus der Dachkolonie in Moorfleet stammten, versammelten sich in größerer Zahl weiter elbaufwärts, bis zu 43 Ind. waren es am 20.06. an der Seevemündung/WL. Andere typische Sommergäste waren eine Brandseeschwalbe (01.06.) in der Wedeler Marsch/PI und eine Zwergseeschwalbe (21.06.) im Mühlenberger Loch/HH. Vier diesjährige Flussseeschwalben besuchten am 21.07. die Wedeler Marsch/PI. Am 01.06. versammelten sich 400 Mauersegler zur Insektenjagd am Öjendorfer See/HH. Noch schwieriger zu „zählen“ waren 1.200 Rauch- und 1.600 Mehlschwalben am 16.07. im Mühlenberger Loch/HH, die hier bei Regenwetter Nahrung suchten. Sehr innerstädtisch rastete ein Gelbspötter am 01.06. an der Außenalster/HH und noch bis zum 27.06. konnte ein Raubwürger an der KeSt Krümse/WL beobachtet werden, was recht brutverdächtig ist!

Vogelzug

Am 03.06. flog eine männliche Wiesenweihe bei Kirchdorf/HH durch - bei der kürzlich festgestellten erstaunlichen Flugleistung dieser Art während des Zuges kann das auch ein umherstreifender Brutvogel gewesen sein. Ähnliches gilt auch für einen nach Osten ziehenden Fischadler am 04.06. über Ottensen/HH bzw. einem nach NO ziehenden Ind. am 17.07. in Hetlingen/PI. Spät dran waren 5 Weißstörche am 22.06. über der Stadt in Uhlenhorst/HH auf ihrem Weg nach NW. Bereits am 26.06. zogen 28 Fichtenkreuzschnäbel in der Pinnauniederung/PI nach Westen, zeichnet sich da vielleicht ein Einflug ab? Anfang Juli erreichte der Durchzug des Großen Brachvogels von der Ostsee nach Westen bereits seinen Höhepunkt, mit max. 53 Ind. am 01.07. über Schnelsen/HH. Im Schlepptau hatten sie bis zu 4 Regenbrachvögel (05.07. Wittmoor/SE), die ebenfalls auf dem Weg nach W waren. Überraschend war eine einzelne in der Oberalsterniederung/SE durchziehende Spießente am 13.07.

„Halbseltenheiten“

Ein Kappensäger-Weibchen „zweifelhafter“ Herkunft wurde am 01.06. in Langenhorn/HH erkannt. Fast alljährlich werden aus Gefangenschaft entflogene Vögel dieser nordamerikanischen Art im Bereich des Alsterlaufes gesehen. Gleich 7 Rostgänse - auch Nachkommen von Parkvögeln - besuchten am 22.06. die Wedeler Marsch/PI. Die Zunahme der Löffler-Nachweise spiegelt sich gut in 2 Ind. vom 24.- 27.06. in der Wedeler Marsch/PI wieder. Auffallend sind 2017 auch Raubseeschwalben: ein Ind. zog am 21.06. über Schnelsen/HH nach Norden und sogar 2 Ind. wurden am 26.07. in der Wedeler Marsch/PI beobachtet. Wie gewohnt erreichten im Juni Weißbart- und Weißflügel-Seeschwalben das Berichtsgebiet – und zogen wie üblich nur durch. Die ersten 2 Weißbart-Seeschwalben wurden am 10.06. am Mühlensand/HH entdeckt, am nächsten Tag wurden 2 Ind. (dieselben?) aus der Wedeler Marsch/PI gemeldet. Sogar 5 Ind. waren es dann am 18.06. an der KeSt Krümse/WL, am 19.06. besuchten 4 Ind. wieder die Wedeler Marsch/PI. Ebenfalls 4 Ind. wurden am 28.06. wiederum an der KeSt Krümse/WL beobachtet. Deutlich seltener trat die Weißflügel-Seeschwalbe in Erscheinung, mit einem Ind. am 02.06. an der KeSt Krümse/WL sowie 2 Ind. am 16.06. an der Lippsche Kuhlen/HH.

Seltenheiten

Anfang Juni verschlägt es manchmal sehr seltene Arten aus dem Mittelmeerraum zu uns. So auch dieses Jahr: Am 02.06. entdeckte ein glücklicher Birder einen Schwarzstirnwürger in der Winsener Marsch/WL. Leider verschwand der Vogel sehr schnell und wurde auch nicht wieder gefunden. Bei Anerkennung wäre dies der erste gesicherte Nachweis im Berichtsgebiet seit 50 Jahren! Eine andere ehemalige Brutvogelart aus dem 19. Jhdt. wurde am 09.06. im Nienwohlder Moor/OD gesichtet: Ein Schlangenadler ließ sich dort zur Freude vieler Beobachter bis zum 15.06. sehr schön beobachten und stellt den 6. Nachweis dieser Art im Hamburger Raum seit 1950 dar. Als ob das nicht schon Beweis genug wäre, dass der Sommer eine gute Greifvogel-Zeit ist, zog am 24.07. dann noch ein Schreiadler über den Duvenstedter Brook/HH nach Norden. Das war nach einem ebenfalls durchziehenden Vogel Ende Mai bereits die zweite Meldung 2017.

Guido Teenck