Mai 2017 – der Höhepunkt des Vogelbeobachtungsjahres

Ankunft und Brut

Im Mai kommen die letzten Spät-Heimkehrer aus ihren Überwinterungsgebieten bei uns an.

Am 02.05. sang z. B. der erste Gelbspötter in Jersbek/OD. Aufgrund der niedrigen Temperaturen Anfang des Monats war der Zuzug dieser Arten allerdings noch sehr verhalten. Das erste Tüpfelsumpfhuhn wurde am 06.05. im Duvenstedter Brook/HH gehört. Am nächsten Tag sang die erste Wachtel in der Wedeler Marsch/PI. Am 11.05. folgte die erste Meldung des Wachtelkönigs aus dem Moorgürtel/ HH. Auch wenn es kein besonders gutes Jahr für diese Art zu sein scheint, gab es im Laufe des Monats Meldungen von ungewöhnlichen Orten: Am 26.05. „sangen“ zwei Ind. im Sülfelder Moor/SE und gleich vier Rufer waren es am 27.05. im Deichvorland der Elbe bei Laßrönne/WL. Hier können aber auch noch Durchzügler dabei gewesen sein. Am 24.05. komplettierte dann ein singender Schlagschwirl in der Rhee/HH das Sommervogel-Potpourri in Hamburg.

Viele Entenvögel führen im Mai bereits Junge: Am 12.05. wurde die erste Höckerschwan-Familie auf dem Außenmühlenteich/HH gemeldet. Auf dem Hoisdorfer Teich/OD schwammen am 15.05. neben jungen Schnatterenten auch frisch geschlüpfte Tafelenten. Während die Schellente in einigen traditionellen Brutrevieren (z. B. im Wohldorfer Wald und Öjendorfer See/HH) fast verschwunden ist, gab es erfreulicherweise Bruten im Landschaftspark am Haus der Natur/OD und an der Alster in Poppenbüttel/HH. Wir schon im Vorjahr konnte am 28.05. eine Gänsesäger-Brut in Aumühle/RZ nachgewiesen werden. Fraglich hingegen ist der Status eines Rostgans-Pärchens am 20.05. an der Krückaumündung/PI. Hier könnte eine spätere Kontrolle Aufschluss geben. Die innerstädtischen Wanderfalken hatten ihren Brutplatz an der Jacobikirche (Altstadt/HH) wieder besetzt. Die Tradition der Dachbruten setzte ein Austernfischer-Paar auf einem Hotel in St. Pauli/HH fort. Gleich 3 Paare Flussregenpfeifer wurden am 28.05. auf Kreetsand/HH gezählt – immerhin hilft die Ausgleichmaßnahme dieser Art, zumindest vorübergehend, bis die Sukzession einsetzt. Eine erfolgreiche Brut des Sandregenpfeifers gab es auf einem Acker in der Rissener Feldmark/PI, am 17.05. wurden 2 Junge festgestellt. Im letzten sicheren Brutgebiet des Großen Brachvogels in der Oberalsterniederung/SE wurden am 28.05. 6 Ind. beobachtet. Noch hält sich auch die kleine Restpopulation der Uferschnepfe in den Vier- und Marschlanden,  u. a. waren es 4 Ind. am 01.05. in den Kirchwerder Wiesen/HH.

Unbeeindruckt vom Baustellenstellenbetrieb und zusätzlichen Vergrämungsmaßnahmen waren die Sturmmöwen in der Hafencity/HH, bis zu 180 Ind. wurden am 14.05. in der Kolonie gezählt. Bei erfolgreicher Brut eines Mischpaares aus Silber- und Heringsmöwe (12.05.) am Travehafen/HH werden sich die Hamburger Möwenbeobachter demnächst mit neuen „interessanten“ Hybriden bestimmungsmäßig rumschlagen. Zur großen Freude des Birdrace-Teams „Hamburch, mein Perlhuhn“ nutzte eine in der Fischbeker Heide/HH brütende Schleiereule am 06.05. das gesamte Trockental zur Flugbalz. Trotz niedriger Temperaturen balzten hier auch bis zu 4 Ziegenmelker (11.05.). Nicht weit entfernt wurde am 09.05. der Raufußkauz in den Harburger Bergen/WL erneut bestätigt. Einen innerstädtischen Brutnachweis gab es von der Waldohreule mit drei Ästlingen im Alstervorland/HH. Die Meldungen vom Wendehals betrafen meist Durchzügler, das späteste Ind. am 26.05. könnte allerdings auch ein Revier am Binnenhorster Teich/OD besetzt haben. Die wenige Meldungen vom Pirol aus Wulksfelde/OD, der Spadenländer Spitze/HH und dem Himmelmoor/PI betrafen vermutlich auch eher durchziehende Ind. – bleibt abzuwarten wo sich im Juni erneut welche zeigen.

Die fast aus dem Berichtsgebiet verschwundene Beutelmeise konnte nur noch an der KeSt Krümse/WL und dem Hetlinger Schanze/PI sicher brütend nachgewiesen werden. Damit ist sie mittlerweile etwa so häufig (bzw. selten) wie die Bartmeise, die ebenfalls an der KeSt Krümse/WL sicher gebrütet hat. Die zunehmende Verschilfung und Verbuschung des Gebietes bietet ideale Habitatstrukturen für Schilf- und Teichrohrsänger, was die Zahlen eindrucksvoll belegen. Dies hat auch bis zu 3 singenden Drosselrohrsängern am 21.05. gefallen, eine außergewöhnliche Zahl für den Hamburger Raum. Wie üblich haben die Karmingimpel ab Mitte Mai ihr angestammtes Brutareal an der Unterelbe besetzt: Bis zu 4 Ind. sangen am 20.05. auf Lühesand/STD und ein Paar konnte am 28.05. an der Hetlinger Schanze/PI beobachtet werden. Im Gegensatz dazu sind die genauen Brutgebiete vom Fichtenkreuzschnabel kaum bekannt. Immer wieder erstaunlich ist, wo sie plötzlich im Sommer auftauchen, z. B. wurde ein größerer Familienverband mit 21 Ind. am 09.05. im Eißendorfer Forst/HH gesehen. Noch weniger wissen wir über Bruten vom Erlenzeisig, lediglich so späte Beobachtungen wie am 27.05. im Sachsenwald/RZ geben Hinweise darauf.

Rastgeschehen

Der Mai ist der artenreichste Monat des Jahres, da sich neben allen Brutvogelarten noch viele Durchzügler und letzte „Überwinterer“ im Berichtsgebiet aufhalten. So rasteten immer noch bis zu 121 Höckerschwäne am 18.05. an der KeSt Krümse/WL, wohl alles Nichtbrüter, die zum Teil übersommern. Der Abzug der Weißwangengänse in der Wedeler Marsch/PI in Richtung Brutgebiete fand Mitte des Monats statt: Am 14.05. wurden 6.300 Ind. gezählt, am 17.05. waren es nur noch 700. Ein weiterer typischer Wintergast, der uns allerdings gen Süden verlassen hat, ist der Silberreiher. Maximal wurden noch 5 Ind. am 13.05. an der KeSt Krümse/WL beobachtet. Für viele Entenvögel beginnt im Mai die Mauser der Schwungfedern, bei der sich große Rasttrupps zusammen finden, wie ca. 1.000 Graugänse am 26.05. am Hetlinger Schanzteich/PI. Bis zu 50 Schnatterenten wurden am 13.05. im Holzhafen/HH gezählt und am 04.05. hielten sich noch 21 Pfeifenten in der Wedeler Marsch/PI auf. Ungewöhnlich war eine Knäkente am 27.05. auf der Außenalster/HH, dagegen rasten Trauerenten dort regelmäßig auf dem Zug, wie 4 Ind. am 05.05. Ungewöhnlich viele Meldungen gab es vom Schwarzhalstaucher, max. waren es 4 Ind. am 13.05. auf dem Steller See/WL, meist handelte es sich dabei um rastende Durchzügler. Oft sind es Nichtbrüter (z. B. vorjährige unverpaarte Vögel), die den Sommer bei uns verbringen und zu Spekulationen führen,  u. a. eine Kornweihe am 24.05. in Altengamme/HH. Immer wieder wurden auch Fischadler, z. B. am 25.05. in der Wedeler Marsch/PI gesehen. Und bis zu 53 Kraniche konnten am 30.05. in Marschacht/WL vom Schlafplatz abfliegend gezählt werden.

Ein seltener Mai-Gastvogel ist der Goldregenpfeifer, lediglich 2 Ind. rasteten am 10. und 11.05. in der Wedeler Marsch/PI. Typisch um diese Jahreszeit an der Unterelbe/PI sind dagegen Regenbrachvogel (max. 3 Ind. 14.05.), Pfuhlschnepfe (1 Ind. 11.05.), Grünschenkel (max. 21 Ind. 04.05.), Bruchwasserläufer (max. 20 Ind. 11.05.), Kampfläufer (max. 40 Ind. 06.05.) und Steinwälzer (max. 4 Ind. 21.05.). Die Höchstzahl rastender Flussuferläufer wurde mit 21 Ind. am 06.05. auf Kreetsand/HH erreicht. Weit abseits der Elbe im Himmelmoor/PI rasteten am 17.05. ein Sanderling und ein Zwergstrandläufer - letzterer ist typischerweise relativ selten im Frühjahr. Das Gegenteil trifft auf den Temminckstrandläufer zu, der sein Rastmaximum im Mai erreicht, mit jeweils 20 Ind. am 09. und 11.05. in der Wedeler Marsch/PI. Nach den hohen Zahlen Ende April fiel der Durchzug der Zwergmöwe mit bis zu 6 Ind. am 16.05. in der Wedeler Marsch/PI diesen Monat eher gering aus. Zur Freude des Beobachters waren von 23 Schwarzkopfmöwen am 28.05. auf einer Sandbank bei Bullenhausen/WL 16 farbberingt, überwiegend aus dem Brutgebiet an der Unterelbe, aber auch je eine aus Holland und Irland. Trotz der nahen Brutkolonie waren 1.300 Sturmmöwen am 19.05. in der Wedeler Marsch/PI eine ungewöhnlich große Ansammlung. Hoch ist auch die Zahl von 3 Mittelmeermöwen am 24.05. an der KeSt Krümse/WL, während Steppenmöwen den Hamburger Raum zum größten Teil Richtung Brutgebiete verlassen haben, so wurden nur noch max. 5 Ind. am 14.05. am Hamburger Fischmarkt/HH gezählt.

Unter den Singvögeln gehören Steinschmätzer mit bis zu 22 Ind. am 14.05. in Moorburg/HH und die skandinavischen Thunbergschafstelzen (max. 30 Ind. 08.05. Ohe/SE) zu den typischen Mai-Durchzüglern. Dagegen waren 3 Rotdrosseln am 01.05. in der Kollauniederung/HH die letzten Nachzügler aus dem Frühjahr. Und ein noch überraschenderer Bergfink am 26.05. im Sachsenwald/RZ wird es wohl gar nicht mehr bis ins skandinavische Brutgebiet schaffen.

Vogelzug

Auch wenn das meiste Zuggeschehen bereits im April stattfindet, ist der Mai für einige Greifvogel-Arten der Hauptdurchzugsmonat, z. B. für den Wespenbussard. Der Durchzugsgipfel lag am 13.05. (bis 15 Ind. in der Reit/HH) und 14.05. (max. 21 Ind. in 30 Minuten, Bunthausspitze/WL). Selten, aber regelmäßig werden auch durchziehende Wiesenweihen gemeldet,  u. a. 1 Ind. am 01.05. im Duvenstedter Brook/OD und 13.05. in der Reit/HH. Eine ungewöhnliche Zugrichtung (Südost) hatten gleich 4 Schwarzmilane am 12.05. in Schnelsen/HH eingeschlagen. Spät dran waren je ein Merlin am 06.05. und 13.05. in der Wedeler Marsch/PI. Ein typisches Bild in diesem Monat sind elbaufwärts ziehende Flussseeschwalben, bis zu 13 Ind. wurden am 04.05. in St. Pauli/HH gesichtet. Große Trupps Nahrung suchender Mauersegler wurden am 11.05. in der Wedeler Marsch/PI (200 Ind.) und am 12.05. über Ottensen/HH (100 Ind.) registriert – sicherlich überwiegend Durchzügler. Gleiches gilt auch für die 400 Rauchschwalben am 04.05. in der Wedeler Marsch/PI. Sehr spät dran war dort eine Ringdrossel am 11.05., entsprechend eilig hatte sie es auf ihrem Weg nach Nordosten.

Seltene Gäste und Brutvögel

Die seit 2014 anwesende männliche Moor-ente aus dem Auswilderungsprojekt am Steinhuder Meer wurde auch im Mai regelmäßig am Eppendorfer Mühlenteich/HH beobachtet. Eine späte Kolbenente schwamm am 09.05. auf der Hahnöfer Nebenelbe/STD. Auch ungewöhnlich war eine weibliche Eiderente am 08.05. auf der Kiesgrube Appen-Etz/PI. Eine weiterhin zunehmende Tendenz gibt es bei den Löffler-Beobachtungen, mit einem Ind. am 15.05. in der Wedeler Marsch/PI und sogar 3 Ind. am 20.05. am Hetlinger Schanzteich/PI. Ein am 26.05. über Kasseburg/RZ fliegender Schwarzstorch könnte ein Hinweis auf ein mögliches Brutvorkommen sein. Leider unbestimmt bleiben musste eine weibchenfarbene Steppen- oder Wiesenweihe, die am 14.05. in Wohldorf/HH schnell Richtung Nordwesten zog. Die einzige Beobachtung einer (durchziehenden) Turteltaube im Berichtsgebiet (mittlerweile nicht mehr alljährlich!) gelang am 13.05. in Wedeler Marsch /PI. Erfreulicherweise gab es wieder einzelne Meldungen vom Zwergschnäpper (21.05. Hahnheide/OD, 23.05. Mönchsteich/OD) und Sprosser (07.05. Meilsdorfer Teich/OD, 08.05. Hoisdorfer Teich/OD, 09.05. Wedeler Kiesgruben/PI). Meist handelt es sich um durchziehende vorjährige Männchen, die teilweise auch längere Zeit Reviere besetzen. Eine andere typische Mai-Art ist der Rotkehlpieper, der lediglich einmal am 17.05. an der KeSt Krümse/WL gesehen wurde. Mehrfach wurde eine Gelbkopf-Schafstelze aus der Wedeler Marsch/PI (06./07.05.), die wie schon im April für Diskussionen um einen möglichen Hybrid-Einfluss der Wiesenschaftstelze sorgte. Erstaunlich sind gleich zwei Meldungen von singenden Grauammern aus dem Südosten des Berichtsgebietes (03.05. Junkernfeldsee/WL und 11.05. Winsener Marsch/WL). Zeichnet sich hier eine Besiedlungstendenz ab?

Seltenheiten

Der Mai weckt große Erwartungen, was die Überraschungen in der Vogelwelt angeht. Und auch in diesem Jahr wurden die Beobachter nicht enttäuscht. Den Auftakt machte eine Raubseeschwalbe, die am 03.05. die Wedeler Marsch/PI überflog. Als Highlight des Birdrace konnte am 06.05. ein Rotfußfalke in der Boberger Niederung/HH, während er schnell gen Nordosten durchzog, bestimmt werden. Ein weiteres Ind. (ein adultes Weibchen) wurde am 13.05. in der Winsener Marsch/WL entdeckt, auch dieser Vogel war nur kurz anwesend. Der 09.05. war dann der Tag an der Carl-Zeiss-Vogelstation in der Wedeler Marsch/PI: Zuerst flog mittags ein Terekwasserläufer an den Teichen ein. Dies ist bei Anerkennung der 5. Nachweis im Berichtsgebiet – alle aus der Wedeler Marsch - und das dritte Jahr in Folge, dass dort ein Ind. (vielleicht immer dasselbe?) rastet. Der Vogel konnte zur Freude vieler Birder bis zum 18.05. durchgängig beobachtet werden. Kurz nach dem Terek tauchten am 09.05. dann noch 2 Stelzenläufer an der KeSt auf. Sie blieben allerdings nicht lange im Gebiet. Es waren definitiv andere Vögel als das Ind. im April. Zum Monatsende hatte dann ein Beobachter das Glück einen Schreiadler in Hamburg zu sehen, dieser zog am 27.05. über den Landschaftskorridor Allermöhe/HH nach Nordosten.

Guido Teenck