November 2017 – jetzt aber ab in den Süden!

Die eher unwirtliche Witterung hat auch die letzten Zugvögel zum Aufbruch in die Winterquartiere veranlasst. Der November bietet daher die Möglichkeit sowohl späte Sommervögel, noch intensiven Vogelzug und bereits viele Wintergäste aus Skandinavien zu beobachten.

Rastgeschehen

Wie schon im vergangenen Winter rasteten Sing- und Zwergschwäne schwerpunktmäßig in der Oberalsterniederung/OD. Durch ein besendertes Zwergschwan-Weibchen konnte festgestellt werden, dass der dort tagsüber Nahrung suchende Trupp (max. 21 Sing- und 6 Zwergschwäne) vom 21.-25.11. im Duvenstedter Brook/HH übernachtete, um anschließend ins Himmelmoor/PI zu wechseln. Die Bedeutung der Alsterniederung für Rastvögel unterstreichen auch bis zu 350 Saatgänse (02.11.) im Grünland am Nienwohlder Moor/OD. Der Schwerpunkt der Kanadagans-Bestände mit bis zu 228 Ind. (11.11. See an den Funktürmen/PI) lag wie im Oktober auf der Geest im Pinneberger Raum. In der Wedeler Marsch/PI stieg der Winterbestand der Weißwangengänse auf 8.500 Ind. (11.11.) an. Im Osten des Beobachtungsgebietes rasteten bis zu 1.500 Blässgänse (17.11. Winsener Marsch/WL) und 1.000 Graugänse (27.11. Kleiner Brook/HH). Weiter zugelegt hat der Bestand der Brandgänse im Mühlenberger Loch/HH mit bis zu 3.430 Ind. am 13.11. Hingegen nahm die Höchstzahl der Krickenten dort erwartungsgemäß ab und lag mit 4.390  Ind. (13.11.) deutlich unter dem Oktober-Maximum. Auch bei anderen Entenarten ist der Wegzug noch nicht abgeschlossen. So wurden bis zu 106 Schnatterenten (02.11. KeSt Krümse/WL), 260 Pfeifenten (08.11. Hahnöfersand/STD) und 41 Löffelenten (29.11. Wedeler Marsch/PI) gemeldet. Die höchsten Konzentrationen der Tauchenten-Arten fanden sich wie üblich entlang der Elbe, mit bis zu 220 Tafelenten am 21.11. auf der Pagensander Nebenelbe/PI und 190 Reiherenten am 13.11. auf Kalte Hofe/HH. Solange die Gewässer nicht zufrieren, verteilen sich die Rasttrupps jedoch relativ weit.

Eine leicht positive Tendenz ist bei überwinternden Rohrdommeln zu verzeichnen, neben dem traditionellen Rastgebiet am Öjendorfer See/HH (max. 2 Ind. 12.11.) wurden einzelne Ind. aus der Wedeler Marsch/PI (05.-25.11.) und Moorburg/HH (25.11.) gemeldet. Mit bis zu 3 Kornweihen (03.11. KeSt Krümse/WL) und 2 Raufußbussarden (08.11. Wedeler Marsch/PI) erreichten weitere Wintergäste aus Skandinavien den Hamburger Raum. Dagegen sind die meisten Limikolen-Arten bereits in südlicheren Gefilden, lediglich 170 Goldregenpfeifer (05.11. Wedeler Marsch/PI) sowie jeweils 500 Kiebitze (06.11. KeSt Krümse/WL und 25.11. Wedeler Marsch/PI) trotzen dem November-Wetter. Typisch für die Jahreszeit waren einzelne Waldschnepfen, z. B. am 08.11. auf der Mellingburger Schleife/HH und die erste Zwergschnepfe am 06.11. in der Kollauniederung/HH. Sofern es keine längere Frostperiode gibt, bleiben Waldwasserläufer (max. 4 Ind. 13.11. Stenzenteich/OD) und Alpenstrandläufer (max. 300 Ind. 04.11. Wedeler Marsch/PI) sogar den ganze Winter über bei uns.

Durch den starken Rückgang der Türkentaube in Hamburg sind größere Wintertrupps wie z. B. 16  Ind. am 12.11. in Ochsenzoll/HH schon bemerkenswert. Erfreulich ist, dass im Laufe des Monats wieder viele traditionelle Überwinterungsplätze von skandinavischen Wasseramseln besetzt wurden, u. a. in Aumühle/RZ, an der Mellingbek/HH, am Wohldorfer Mühlenteich/HH und in Wandsbek/HH. Aus der entgegengesetzten Richtung kommen Bergpieper zu uns, seit einigen Jahren mit deutlich zunehmender Tendenz, max. wurden 10  Ind. am 16.11. in der Wedeler Marsch/PI beobachtet. Der schon länger andauernde Einflug von Fichtenkreuzschnäbeln setzte sich weiter fort, bis zu 40 Ind. suchten am 04.11. im Butterbargsmoor/PI und am 12.11. im Wohldorfer Wald/HH nach Zapfen. Eher unterdurchschnittlich waren bisher die Zahlen beim Erlenzeisig mit max. 280 Ind. am 13.11. im Harz-Moor/STD. Ganz anders sieht es beim Birkenzeisig aus: Hier setzte im November ein sehr starker Einflug mit Truppgrößen von bis zu 300 Ind. (z. B. am 08.11. im Wohldorfer Wald/HH und 26.11. am Helmuth-Schack-See/HH) ein. Daran war überwiegend – aber nicht ausschließlich – die nordische Unterart flammea beteiligt. Eine andere regelmäßige aber viel seltenere November-Art ist die Schneeammer, die vom 05.11.-19.11. in ihrem angestammten Rastgebiet in der Wedeler Marsch/PI beobachtet wurde.

Schlafplätze

Das Winterhalbjahr ist die Zeit der großen Schlafplatz-Ansammlungen vieler Arten. Die Silberreiher-Höchstzahl am Hetlinger Schanzteich/PI lag mit 93 Ind. (04.11.) allerdings schon deutlich unter dem Herbstmaximum vom Vormonat. Bei der Waldohreule nehmen die Schlafplatz-Ansammlungen dagegen zu, z. B. wurde einer aus Steinkirchen/STD gemeldet. Interessante Einblicke in die Bestandsgrößen bieten auch Schlafplatzanflüge von Rabenvögeln, wie der von 103 Elstern (28.11.) im Walter-Möller-Park/HH oder 2.800 Rabenkrähen (21.11.) am Bützflethersand/STD. Der wohl „berühmteste“ Schlafplatz im Berichtsgebiet ist der der Berghänflinge in der Fassade des Hamburger Rathauses/HH. Er war spätestens ab 05.11. mit max. 95 Ind. (18.11.) besetzt.

Vogelzug

Dass der Vogelzug im November noch voll im Gange ist und manchmal sehr überraschende Beobachtungen ermöglicht, zeigt z. B. ein Sterntaucher, der am 04.11. über  Schnelsen/HH nach W zog. Am gleichen Tag wurden dort auch noch 3 durchziehende Berghänflinge gesehen! Kraniche zogen in der ersten Monatsdekade noch vermehrt v. a. im östlichen Teil des Berichtsgebietes, mit max. 180 Ind. am 07.11. über Krabbenkamp/OD. Nachzutragen aus dem Oktober sind noch 11.750 durchziehende Ringeltauben am 30.10. über Georgswerder/HH. Interessanterweise wurde fast die gleiche Summe am Hamburger Yachthafen/PI gezählt – wobei es sicher nicht alles die gleichen Ind. waren. Eine der erstaunlichsten Zug-Meldungen kommt aus Jenfeld/HH, wo am 06.11. 20 Kolkraben auf ihrem Weg nach SO gesichtet wurden. Typischerweise ziehen Stare im Laufe des Monats nach SW ab, bis zu 1.000 Ind. wurden am 04.11. am Hamburger Yachthafen/PI gezählt. Dort wurden bei den Zugplan-Beobachtungen typischerweise Anfang November bis zu 412 Wacholderdrosseln und 831 Rotdrosseln (05.11.) gezählt. Hingegen ist die Meldung von 150 Stieglitze, die am 17.11. über das Wedeler Autal/PI gen SW zogen, recht ungewöhnlich, da diese Art selten in großen Trupps zieht.

Letztbeobachtungen

Einige Nachzügler typischer Sommergäste konnten noch im November entdeckt werden. Für einen Transsahara-Zieher außergewöhnlich spät dran war ein Gartenrotschwanz am 02.11. am Hamburger Yachthafen/PI. Auch noch einen weiten Weg hatte ein Steinschmätzer (04.11. Hetlinger Schanze/PI) vor sich. Die vorerst letzten Sandregenpfeifer und Zwergmöwen des Jahres wurde ebenfalls am 04.11. in der Wedeler Marsch/PI gesichtet. Eine sehr späte Rauchschwalbe flog am 10.11. in der  Haseldorfer Marsch/PI. Ein Merlin jagte am 12.11. in der Wedeler Marsch/PI, am 13.11. wurden dort sogar noch 2 Dunkle Wasserläufer entdeckt. Noch am 19.11. hielt sich eine Feldlerche am Hetlinger Schanzteich/PI auf. Am 20.11. wurde ein Weißstorch in Neuenfelde/HH gesehen - einzelne Ind., die „den Anschluss verpasst haben“, bleiben manchmal noch länger im Berichtsgebiet. Ein Zilpzalp am 21.11. in Wilhelmsburg/HH könnte auch ein erster Überwinterer sein, während 5 Bachstelzen am 23.11. in der Wedeler Marsch/PI sicher noch gen SW abgezogen sind. Weitere Kandidaten für Überwinterungs-Versuche waren eine Mönchsgrasmücke am 24.11. in Hoisbüttel/HH und ein Sommergoldhähnchen am 25.11. im Eppendorfer Moor/HH. Zwei späte Rotmilane flogen am 26.11. im Nienwohlder Moor/OD und das Schwarzkehlchen, das am 29.11. in der Wedeler Marsch/PI saß, wird sicher dort noch länger bleiben.

Seltene Gäste

Bisher gab es diesem Herbst sehr wenige Meldungen von „Meeresenten“ im Berichtsgebiet. Umso erstaunlicher ist, dass die einzige November-Beobachtung die seltenste dieser Artengruppe im Hamburger Raum betrifft: Am 08.11. schwamm eine männliche Eiderente auf der Hahnöfer Nebenelbe/STD. Der erste und vorläufig einzige Seidenschwanz des Winters 2017/18 zog am 21.11. über Jork/STD Richtung Westen. Der Vollständigkeit halber sei auch die Eppendorfer Mühlenteich/HH lebende, aus dem Auswilderungsprojekt am Steinhuder Meer stammende Moorente (25.11.) erwähnt. Zuzug aus dem Nordosten gab es bei den Gimpeln, gleich zwei mal zwei „Trompetergimpel“ (26.11. Pagensand/PI und 28.11. Landschaftspark Haus der Natur/OD) verrieten lautstark (sofern man davon sprechen kann bei diesen Vögeln) ihre Herkunft. Unter den Gänsen auf dem Kleiner Brook/HH wurde am 27.11. eine Kurzschnabelgans entdeckt. Und wie schon im letzten Winter wurde am 30.11. eine „Halsbanddohle“, also ein Ind. der nordöstlichen Populationen in Bahrenfeld/HH gesehen.

Echte Seltenheiten gab es in Gestalt einer diesjährigen Zwerggans. Sie hielt sich vom 13.11.-16.11. in der Wedeler Marsch/PI auf. Ein gelber Farbring (der leider nicht abgelesen werden konnte) verriet ihre Herkunft aus einem Auswilderungsprojekt. Dagegen hatten bis zu 15 Kiefernkreuzschnäbel, die vom 12.11.-23.11. in Rissen/HH beobachtet wurden, bisher sicher wenig Kontakt mit Menschen in ihrem skandinavischen Brutgebiet. Vorbehaltlich der Anerkennung durch die DAK wäre das einer der stärksten Einflüge dieser Art im Berichtsgebiet - wobei die genaue Anzahl der beteiligten Ind. nicht feststellbar ist.

Guido Teenck