VAN GROUW, Katrina (2013): The Unfeathered Bird. Princeton & Oxford (Princeton University Press). 304 Seiten, 385 überwiegend zweifarbige Zeichnungen. Hardcover mit Schutzumschlag, Fadenheftung, 26,0 x 31,0 cm. ISBN 978-0-691-15134-2. 34,95 £ (42,80 €).
Die Autorin dieses Buches war lange unter anderem Kuratorin der ornithologischen Sammlung des Londoner Natural History Museum, Präparatorin und Kunstmalerin. In diesem Werk kommen all diese (Kunst-) Fertigkeiten zum Einsatz.
Gezeigt werden die unterschiedlichsten Vögel meist ohne eines der wesentlichsten Vogelmerkmale, nämlich den Federn. Im Mittelpunkt steht dabei das Skelett, in wenigen Fällen werden auch Haut und Muskeln dargestellt. Die anatomischen Besonderheiten und Anpassungen vieler Vogelfamilien und Unterschiede zwischen ihren Vertretern werden herausgear¬beitet. Neben Skelettdetails werden die meisten Arten in Gänze und meist in natürlichen Haltungen und Verhalten abge¬bildet. Wer jetzt an Gunther VON HAGENS Plastinate („Körperwelten“) denkt, tut der Autorin und ihrem Werk unrecht.
Die kunstvollen Zeichnungen sind nicht Selbstzweck. Sie dienen vielmehr der Illustration und Veranschaulichung der Texte. Die leicht verständlichen Texte behandeln die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Flug bzw. Aerodynamik und dem Bau bzw. Zusammenspiel der Knochen sowie der Anordnung der Federn. Aber auch speziellere Fragen wie z.B. warum Alke kleiner als Pinguine sind (in Kurzform: weil Alke noch fliegen können) werden beantwortet. Nach einer einleitenden, allgemeinen Vorstellung und Erklärung des Skelettapparates werden systematisch (allerdings alte Systematik) die wichtigsten Vogelordnungen und -familien und ihre Besonderheiten und evolutionären Anpassungen behandelt.
Neben den Erläuterungen zu Anatomie und Anpassung werden auch interessante Hintergründe zu den Arten erzählt, z.B. die Geschichte des Aussterbens bzw. der Ausrottung des Riesenalks (Pinguinus impennis) 1844, des Namensgebers der Pinguine. Und nebenbei erfährt der Leser auch Interessantes aus neuerer Forschung, z.B. dass DNA-Untersuchungen gezeigt haben, dass Neuweltgeier mit den Störchen verwandt sind und und nicht mit den Altweltgeiern, wie bisher angenommen. Ein gutes Beispiel für konvergente Evolution.
Neben den Zeichnungen der ganzen Skelette gibt es auch viele studienhafte Skizzen(-reihen) einzelner Details, z.B. die asymmetrische Anordnung der Ohröffnungen bei Eulen oder die Zunge der Spechte.
Fazit: Ein Muss für jeden, der sich nicht nur mit Beobachtung und Erfassung von lebenden Vögeln beschäftigt, sondern auch an deren Anatomie und inneren Werten interessiert ist. Man merkt dem Buch die Faszination und Liebe der Autorin von und zu der Vogelwelt an; und das Herzblut der Autorin, dass in diesem Werk steckt. Der Blick ins Innere der Vögel hat auch Auswirkungen auf den „normalen“ Alltag des Feldornithologen, man sieht die Vögel „neu“.
Jens HARTMANN