Kushlan, James A. and James A. Hancock (2005): The Herons.  -  Oxford University Press, Oxford, New York, ISBN 0-19-854981-4, 433 Seiten, 18 Farbtafeln (Zeichnungen und Fotos), zahlreiche Schwarzweiß-Fotos, Grafiken und Verbreitungskarten, Geb. 19 x 25 cm, -  £ 95,- (ca. 140 €)

Im Juli 2005 erschien der 14. Band der erfolgreichen OUP-Serie „Bird Families of the World“. Diesmal geht es um die Reiherartigen Ardeidae. Die Autoren haben bereits einige Werke vorgelegt, oft gemeinsam, immer wieder auch über die Reiher. Man konnte kaum bessere finden!

 

Auf 433 Seiten behandelt das Werk alle 62 Arten. Es ist attraktiv und ansprechend aufgemacht. Die Einband-Illustration zeigt den bunten Agami Agamia agami, den eindrucksvollen „Speerreiher“. Die allgemeinen Kapitel im ersten Teil (Seiten 3-66) behandeln Systematik und Evolution, Nahrungsökologie, Brutbiologie, Verhältnis zum Menschen und Schutz. Reiher und Menschen haben Berührungspunkte. Die Bejagung für den Modemarkt ist Geschichte, die Nahrungskonkurrenz mit Fischern immer noch ein brisantes Thema.

 

Es folgen 18 Farbtafeln mit Abbildungen von allen 62 behandelten Arten: Zwölf Tafeln mit Gemälden von David Thelwell, die jeweils 1-9 Arten vorstellen, und sechs Tafeln Farbfotos, die jeweils vier bis fünf verschiedene Arten/Unterarten zeigen. 

 

Den Löwenanteil des Buches bilden Artbeschreibungen im Part II (Seiten 69-362), alle einheitlich gegliedert: Name, Erstbeschreibung und Unterarten, Beschreibung, Kennzeichen, Systematik und Verwandtschaft, Verbreitung, Habitat, Nahrungsuche, Brutbiologie, Populationsdynamik, Schutz sowie Kenntnislücken. - Die Bibliographie zählt ca. 1900 Literaturstellen auf (erfreulich viele deutsche, selbst aus regionalen Schriften). - Es folgt der Index, knapp neun Seiten mit Artnamen, Alternativnamen und Stichworten.

 

Systematik und Evolution sind aktuelle Themen, zumal in Einzelfällen von der Tradition abgewichen wird. - Reiherfans werden Nahrungsökologie und Brutbiologie genießen, auch das Verhältnis zum Menschen und den Schutz, denn hier kommen eigene Forschungen und Erfahrungen zum Ausdruck. 65 Schwarzweiß-Fotos veranschaulichen den Text.           

 

Die gefälligen Farbtafeln von David Thelwell wirken kaum überladen, sind durchweg gut getroffen, auch wenn einzelne Darstellungen etwas stilisiert erscheinen. Die Kennziffern sind jedoch auf dunklem Untergrund (z.B. Tafel 3) schwer zu erkennen. Mitunter fällt die Zuordnung schwer. Bei den Legenden fehlen leider Seitenangaben der Artbearbeitung. - Die Fototafeln bringen Einzeldarstellungen, die durchweg gefallen. Grundsätzlich vermisse ich aber Farbfotos vom Balzverhalten.

 

Bei den Artbeschreibungen im Part II erkennt man den Grad der hohen Erforschung bei Arten der Alten Welt. Der Absatz “Research needs“ (bei jeder Art) zeigt Kenntnislücken und ist für den internationalen Natur- und Vogelschutz von Bedeutung. - Wertvoll sind die Abhandlungen der weniger bekannten Arten. Da freut man sich über je zwei bis drei Seiten Text! - Obwohl kein Bestimmungsbuch, liefern Beschreibungen und Feldkennzeichen bei feldornithologisch schwierigen Arten die richtigen Hinweise. - Die Absätze über „Systematics“ verdienen Aufmerksamkeit. - Die Verbreitungskarten überzeugen und liefern ein klares Bild. Differenzierte Schattierungen „Breeding, Breeding/Nonbreeding, Nonbreeding“ kommen gut heraus. Sie sind allerdings nicht auf dem allerneusten Stand (z.B. fehlen Wintervorkommen von Silberreihern in Deutschland).

 

Der Preis von 95,- £ liegt jenseits der Schmerzgrenze. Obwohl Reiher attraktive und hoch interessante Vögel sind, wird mancher Vogelfreund bei der Anschaffung zögern. - Doch hier wurde ein Meilenstein gelegt, mit dem sich die beiden Autoren ein Denkmal gesetzt haben.

Volker Konrad