ear, Janet (2005): Ducks, Geese and Swans, Vol. 1 & 2. - Oxford University Press, Oxford, New York, ISBN 0-19-854645-9, 908 Seiten, 30 Farbtafeln (Zeichnungen) von Mark Hulme, zahlreiche Schwarzweiß-Zeichnungen, Verbreitungskarten, Tabellen und Grafiken, Geb., 19 x 25 cm, - £ 150,- (ca. 222 €)
Die Serie Bird Families of the World hat das Ziel, ansehnliche Bände über Gruppen von Vögeln zu liefern. Dazu bemüht man sich für Text und Inhalt um Autoren internationaler Kompetenz und für die Darstellungen um Künstler, die sich auf die jeweilige Gruppe verstehen. Mit den „Ducks, Geese and Swans“ liegt hier der 16. Band vor.
Auf den ersten Blick fällt auf, dass der Verlag sich entschlossen hat, dieses Werk in zwei Bänden zu liefern, bei der hohen Artenzahl und dem Umfang vorliegender Literatur ein verständlicher Schritt. - Der erste Band beinhaltet mit Part I acht allgemeine Kapitel, die eine Übersicht der Familie liefern: Die Chefautorin Janet Kear selbst bringt eine Einführung und beschreibt die besonderen Beziehungen zwischen Menschen und Wasservögeln. - Die anschließenden Kapitel von 14 verschiedenen Autoren betreffen Taxonomie und Systematik, Nahrungsökologie, Sozialverhalten, Brutbiologie, Wanderungen und Zug, Populationsdynamik, Schutz und Management. Am Schluss findet sich ein Ausblick, der einerseits die Bemühungen des Naturschutzes aufzeigt, aber auch die ungeheuren Bedrohungen für diese attraktiven Vögel. Es fällt schwer, optimistische Töne anzuschlagen!
Ungefähr in der Mitte des Bandes finden wir die prächtigen Farbtafeln von Mark Hulme, insgesamt 30! - Es werden alle 165 behandelten Arten dargestellt, Wehrvögel, Gänse, Schwäne und Enten, viele davon in verschiedenen Kleidern.
Erst danach folgt im Part II die Beschreibung der einzelnen Arten von insgesamt 73 Experten aus aller Welt. - Janet Kear ist verantwortlich für so spektakuläre Arten wie die Salvadoriente, Braut- und Mandarinente, Kerguelen-, Rosenkopf-, Labrador- und Eisente, schließlich den Aucklandsäger. - Im Band I werden 72 Taxa behandelt, darunter auch die Wehrvögel. Die verbleibenden 95 folgen im zweiten Band. Diese Artkapitel sind meistens um vier Seiten lang und stellen mit insgesamt 589 Seiten den Löwenanteil des Werkes. Die einheitliche Gliederung umfasst Nomenklatur, Beschreibung, Feldkennzeichen, Stimme, Verbreitung und Status, Habitat und Lebensweise, Balz- und Brutverhalten, Brut- und Lebenszyklus, Schutz und Bedrohung, sowie für alle Arten eine Verbreitungskarte von adäquatem Format und Maßstab. In vielen Fällen lockern Tabellen und Skizzen den Text auf. Den Abschluss bilden ein Glossar, eine umwerfend lange Liste von Literaturstellen, die auf 126 Seiten mehr als 3.500(!) Titel umfasst, schließlich die Liste der Co-Autoren und den Index.
Wir haben es mit einem Monumentalwerk zu tun, dessen Erstellung sich über viele Jahre zog, die Sammlung, Koordinierung und Standardisierung der Arbeiten von so vielen weltweit verstreuten Fachautoren. Leider hat J. Kear das Erscheinen nicht mehr erleben dürfen, denn sie verstarb am 24. November 2004 im Alter von 71 Jahren.
Unter den potentiellen Käufern eines derart ansehnlichen aber kostspieligen Werkes stellt der Feldornithologe fest, dass er in den Feldführern zu Feldkennzeichen mehr findet. Analog hat der Avifaunist in den Regionalavifaunen weiter führende Informationen, zumal wenn es sich um die großen vielbändigen Handbücher handelt. Der Vorteil dieses neuen Werkes liegt jedoch in der Zusammenstellung des derzeitigen Wissens über Entenvögel weltweit, in gut gegliederter Form, so dass man Informationen findet und leicht von Art zu Art vergleichen kann. Darüber hinaus bringen die allgemeinen Kapitel eine Fülle von grundsätzlichen Daten, so dass man gerade diese wärmstens empfehlen muss, damit Kenntnis und Verständnis über die bloße Zuteilung von Artnamen hinausgehen.
Etwas enttäuschend ist die Bearbeitung der Themen Domestikation (Zuchtformen mit Abbildungen?), Hybridisierung (Die Titel der Gillhams und von Randler sucht man unter den Literaturstellen vergebens!), Neozoen und der Mangel an deutschsprachigen Quellen. Doch es fehlen auch viele Arbeiten aus Journalen im In- und Ausland, auch in England. Der Feldornithologe vermisst die Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse aus Taxonomie und Systematik. Da hätte man z.B. bei den Saatgänsen mehr erwartet. Die schlichte Aufzählung traditionell anerkannter Unterarten erscheint unbefriedigend. Hier wurde eine Chance vertan!
In diesem Falle ist der Verlag zu loben, weil er die ausgezeichneten Darstellungen von Mark Hulme in hervorragend gedruckten Farbtafeln bringt. Die Vögel werden in einem vernünftigen Maßstab gezeigt, in der Regel 4-8 Arten pro Tafel, so dass diese nicht überladen wirken, viele Arten in mehreren Kleidern, auf jeder Tafel auch ein Küken. Da alle Bilder aus der Hand desselben Künstlers stammen, gibt es keine Stilbrüche. Die Tafeln wirken harmonisch, die Darstellungen sind gut, oft so lebendig, dass man sich die eine oder andere großformatig an die Wand hängen möchte (Der Verlag sollte darüber nachdenken, ob man Einzelbilder anbieten kann?). - Mir gefällt insbesondere die Familie der Affengänse auf Tafel 8, aber wenn man die Lappenente auf Tafel 30 in ein Gemälde einarbeiten würde, .... Diese Tafeln sind eine Augenweide!
Ich würde es begrüßen, wenn die Autoren solcher Werke deutlich machen könnten, wo sie Ziel und Zweck ihrer Arbeit sehen. Denn gerade über Wasservögel ist reichlich Literatur vorhanden. Der potentielle Käufer fragt sich, ob und warum er sich ein so teures Werk zulegen soll? - Es wäre hilfreich zu erfahren, wo sich dieses Werk von bereits vorhandenen unterscheidet, wo seine Vorteile liegen? - Vor dem Hintergrund des Gesamtwerks wirken die angeführten Mängel unbedeutend, vielleicht kleinlich oder sehr speziell/persönlich. Denn ganz ohne Zweifel stellen diese Bände eine Bereicherung dar. Unter Feld- und Berufsornithologen, Haltern, Züchtern und anderen Vogelfreunden gibt es viele, die sich für diese augenfällige Gruppe interessieren und die mehr erfahren möchten als das, was man in den populären Taschenbüchern findet. Hier liegt ein neues Standardwerk vor, das Maßstäbe setzt! - Und abgesehen davon ist es schlicht ein Genuss, in dem ansprechend und wertvoll aufgemachten Buch zu blättern.
Volker Konrad