Gibson, Ray, Benedict Hextall & Alex Rogers (2001): Photographic guide to the sea & shore life of Britain & North-west Europe. - Oxford, New York, Oxford University Press. (ISBN 0-19-850041-6). 456 S., 486 Farbfotos und 903 Strichzeichnungen. Hardcover, Fadenheftung, 14,5 x 22,2 cm £ 35.00. Das Buch ist auch als Paperback-Ausgabe erhältlich (ISBN 0-19-850709-7). £ 15.95
Auf wenigen Seiten wird der Leser zunächst in die Charakteristika der Küstenlebensräume eingeführt, bevor auf 421 Seiten Flechten und (mehrzellige) Algen, Wirbellose, Fische und ganz knapp auch „Strandgut“ abgehandelt werden. Farblich markierte Seiten erlauben einen schnellen Zugriff auf die Großgruppen. Nach kurzer Einführung in die jeweilige Gruppe mit durchweg aktuellen Hinweisen auf Spezialliteratur werden pro Doppelseite in der Regel drei Arten mit ausführlicher Beschreibung der Kennzeichen sowie knapper Darstellung der Habitate, der Ökologie und der Verbreitung vorgestellt.
Wer an die ausgezeichneten Bestimmungsführer für Wirbeltiere oder Blütenpflanzen gewöhnt ist und sich nun an Algen oder Wirbellose wagt, wird schnell erkennen, dass angesichts der ungleich höheren Artenzahl mit einem einzigen Bestimmungsbuch eine Identifikation bis auf Artniveau nur bei wenigen charakteristischen Arten möglich ist. Der fast jedes Artkapitel abschließende Hinweis auf ähnliche Arten verdeutlicht immerhin die Problematik und schützt (hoffentlich) vor voreiligen Bestimmungen. Die Verbreitungskarten schließen oftmals zu naiv die Lücken zwischen den Vorkommen an den artenreichen Felsküsten der Britischen Inseln / Nordfrankreichs einerseits und Norwegens / Schwedens andererseits. So wird man viele der angeblich vorkommenden Arten vor allem auf den Weichböden der deutschen Küsten vergeblich suchen (für Helgoland gibt es eine Artenliste in Helgoländer Meeresuntersuchungen 47: 1-34; 1993). Andererseits wurde die kürzliche Ausbreitung z.B. bei der Braunalge Sargassum muticum in die Deutsche Bucht noch nicht berücksichtigt. Unklar ist auch, warum bei fast allen auch im offenen Meer vorkommenden Arten die Verbreitung nur für einen dünnen Küstenstreifen beschränkt dargestellt ist, bei den Quallen aber nicht. Dies wird Neueinsteiger verwirren.
Ein Bestimmungsbuch aus renommiertem Hause schraubt die Erwartungen hoch, sie werden weitgehend erfüllt. Wer aber nicht gerade eine meereskundliche Exkursion nach Großbritannien oder nach Irland plant, wird wohl besser ein in deutscher Sprache vorliegendes Werk bevorzugen, wobei die riesigen Qualitätsunterschiede zu berücksichtigen sind. Dem Rezensenten leistet inzwischen seit mehr als einem Viertel Jahrhundert der „Kosmos-Strandführer“ von Andrew C. Campbell (1987 in 2. Auflage erschienen) mit seinen ausgezeichneten farbigen Zeichnungen gute Dienste. Das hier vorgestellte Buch mag für Leser, die lieber nach Fotos bestimmen, eine sinnvolle Ergänzung sein. Wer tiefer einsteigen möchte, kommt aber um meist englischsprachige Spezialliteratur nicht herum.
Ommo Hüppop